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Nikon Z9 - Die ideale Kamera für die Tierfotografie?

Die Nikon Z9 hat von den Spezifikationen her einiges zu bieten. Mit 20 Bildern pro Sekunde, 45 Megapixeln, Tieraugen-Autofokus und attraktiven Video-Features scheint das erste spiegellose Flaggschiff von Nikon die ideale Kamera für Tierfotografen zu sein. Doch hält die Kamera in Realität auch, was sie verspricht? Seit Weihnachten habe ich die Nikon Z9 ausführlich testen können und meine bisherigen Erfahrungen in diesem Review zusammengefasst.

Die Spezifikationen im Feld

Die Z9 bringt auf dem Papier so einige eindrückliche Specs mit sich (für 6800 Franken ist das eigentlich ja auch zu erwarten!). Doch im Feld bringt ein gutes Spec-Sheet herzlich wenig, wenn die Kamera diese nicht auch auf die Speicherkarte bringt. An dieser Stelle ein kleiner Spoiler: Die Z9 ist auch im Feld eine eindrückliche Kamera…

Die Nikon Z9 bestätigt sein eindrückliches Spec-Sheet im Härtetest draussen in der Natur.

Megapixel und Dateigrössen

Seit ich 2018 von der Nikon D7200 (24 Mpx mit DX-Crop) auf die Nikon D850 (45.7 Mpx im Vollformat) umgestiegen bin, war ich immer ein Fan von den 45.7 Mpx. Es kann gut sein, dass ich mich einfach an diese Auflösung gewöhnt habe, aber mir scheint es jedenfalls so, als wären die 45 Mpx genau richtig: Es sind genug Pixel vorhanden, um auch etwas croppen zu können und doch sind die Files nicht gigantisch.

Umso froher war ich als die Z9 wiederum mit 45.7 Megapixeln angekündigt wurde. Mit 20 Bildern pro Sekunde (was ich dann noch genauer thematisieren werde) kommt bei 45.7 Megapixeln allerdings eine ziemliche Datenmenge zusammen. Ich hatte also zuerst einige Bedenken, ob ich nun viel grössere Speicherkarten benötigen würde. Glücklicherweise wurde mit der Z9 aber ein neues Kompressionsverfahren implementiert. Neu können in der Z9 die Bilder verlustfrei, mit High Efficiency* oder High Efficiency komprimiert werden. Die Funktion, Bilder unkomprimiert zu speichern, fällt hingegen weg. Auch da hatte ich zu Beginn einige Bedenken. Denn bei der D850 hat mich die Komprimierung nie wirklich zufriedengestellt weshalb ich die Komprimierung ausgeschaltet habe.

Nach einigen Tests mit der Z9 sind aber diese Bedenken verflogen. Die Komprimierung High Efficiency * zeigt auch bei sehr genauem Hinschauen keinen Unterschied zur verlustfreien Komprimierung (dem bestmöglichen Format). Während die Bildqualität also genau gleich bleibt, sind die Dateien mit High Efficiency * nochmals deutlich kleiner. Laut Nikon sollen damit die Dateien der Z9 etwa 2/3 kleiner sein als die der D850. Dies hat sich für mich auch so bestätigt. Während meine Dateien von der D850 etwa 80-90 MB gross waren, betragen die Dateien der Z9 nur noch um die 30-35 MB. Das ist ungefähr so viel wie die verlustfrei komprimierten Dateien der Z6 (einer 24 Mpx Kamera)!

Nikon D850 Nikon Z6 Nikon Z9
Keine Komprimierung 90 MB 45 MB -
Verlustfreie Komprimierung 60 MB 25-30 MB 60 MB
High Efficiency * - - 30-35 MB
High Efficiency - - 20-25 MB

Farben und ISO-Verhalten

Bezüglich Farben und ISO-Verhalten entspricht die Z9 ungefähr der D850. Die Z6 hat aufgrund der geringeren Auflösung ein deutlich schwächeres ISO-Rauschen als die Z9, und zwar in allen ISO-Bereichen. Generell ist das Rauschverhalten aber sehr gut und wird vermutlich mit Rauschunterdrückungssoftware sehr gut funktionieren. Die Bildqualität und besonders die Farben bleiben auch bei hohen ISO-Werten noch sehr gut. Die Rauschreduzierungssoftware DxO PureRAW ist zurzeit aber noch nicht kompatibel mit den Bildern der Z9. Das soll sich aber bald ändern.

ISO 100

Nikon Z9

Nikon Z6

Nikon D850

ISO 800

Nikon Z9

Nikon Z6

Nikon D850

ISO 1600

Nikon Z9

Nikon Z6

Nikon D850

ISO 4000

Nikon Z9

Nikon Z6

Nikon D850

ISO 8000

Nikon Z9

Nikon Z6

Nikon D850

ISO 25600

Nikon Z9

Nikon Z6

Nikon D850

Bilder pro Sekunde

Bei der Tierfotografie geht es manchmal um Sekundenbruchteile: um den Moment, wenn ein Zwergtaucher gerade abtaucht oder eine Kolbenente die Flügel schlägt. Je mehr Bilder die Kamera in diesen Momenten schiessen kann, desto höher ist auch die Chance das Bild zum perfekten Zeitpunkt zu erhalten. Die Z9 hat 3 verschiedene maximale Bildraten. 20 Bilder pro Sekunde lautet die maximale Bildrate, wenn im RAW-Format fotografiert wird. Für JPG Bilder beträgt die maximale Bildrate 30 Bilder pro Sekunde. Weiter kann die Kamera auch 11 MP JPG's mit 120 Bildern pro Sekunde aufnehmen.

Da ich eigentlich immer im RAW-Format fotografiere, bleibt mir hier nur die Option von 20 Bildern pro Sekunde übrig. Das ist aber immer noch ein guter Wert und reicht in den allermeisten Fällen mehr als aus. Ich habe jedenfalls bisher nie das Gefühl gehabt, dass mir die 20 Bilder pro Sekunde nicht reichen würden.

Was mir für die 2. Generation der Z9 oder bei einem Firmware-Update gefallen würde, wäre eine Art druckempfindlicher Auslöser. Den Auslöser halb gedrückt oder nur mit wenig Druck heruntergedrückt, würde ich gerne nur mit einer langsamen Bildrate (oder Einzelfoto) fotografieren. Wenn ich den Auslöser dann ganz heruntergedrückt oder stärker heruntergedrückt hätte, würde ich dann stattdessen mit der maximalen Bildrate fotografieren. Da ich noch immer mit Back-Button-Focus fotografiere, ist bei mir der Auslöser halb heruntergedrückt funktionslos. Ich fände es deshalb toll, wenn ich dort z.B. das Schiessen einer einzigen Foto mappen könnte.

Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.
Haubentaucher beim Abtauchen. Bildserie bei 20 Bildern pro Sekunde.

Wofür es 20 Bilder pro Sekunden braucht? Beispielsweise abtauchende Lappentaucher sind wesentlich einfacher zu erwischen als das noch mit der D850 der Fall war. Die ganze Serie dauerte nämlich nicht mal 1 Sekunde lang!

Autofokus

Nun zum Thema, das wahrscheinlich die Allermeisten am stärksten interessiert – der Autofokus. Der Autofokus der spiegellosen Kameras von Nikon der ersten und zweiten Generation (ZX und ZXII) wurde ja viel kritisiert und auch ich konnte dem System nicht viel abgewinnen. Die Z6 hat sonst viele Stärken gegenüber der D850, der Autofokus ist aber für mein Anwendungsgebiet unbrauchbar. Bei der Z9 ist das zum Glück nicht mehr der Fall. Im Allgemeinen ist der Autofokus sehr schnell und sehr genau. Wobei vor allem die Geschwindigkeit des Autofokus stark von den Objektiven abhängt. Bei meinem 500mm f/ 4 FL ED habe ich jedenfalls das Gefühl, dass die Z9 die maximale Geschwindigkeit der AF-Motoren ausreizt. Dies war bei der Z6 nicht der Fall, sondern es war die Kamera, die den limitierenden Faktor ausmachte. Mit dem 400mm f/2.8 S hat Nikon nun ein neues System von AF-Motoren vorgestellt, welche vermutlich die Geschwindigkeit besser ausnutzen können. Das Objektiv habe ich aber leider noch nicht testen können.

Einer der grossen Vorteile spiegelloser Kameras ist die Fähigkeit, Motive automatisch tracken zu können. Bei den vorherigen Z-Kameras hat dies ja schon einigermassen gut funktioniert mit Menschen. Nun können auch Vögel und allgemein ein Grossteil der Craniota (Schädeltiere) getracked werden. Für die Tierfotografie ist dieses Feature sehr willkommen und hat für mich bisher sehr gut funktioniert. Mit der D850 hatte ich immer das Problem, dass ich durch die Fokusmessfelder in der Mitte im Bildausschnitt sehr limitiert war, wenn ein Tier sehr Nahe kam. So musste ich oftmals die Komposition vernachlässigen, damit ich immerhin das Auge des Tieres scharfstellen konnte. Mit der Z9 ist dies hingegen kein Problem mehr. Solange das Auge irgendwo im Bild ist, findet die Kamera dieses in den allermeisten Fällen ohne Probleme. Dies erlaubt es mir dann wiederum, mich vollständig auf die Komposition zu konzentrieren und ich muss den Vogel auch nicht mehr mittig im Bild positionieren.

Generell funktioniert das Tracking sehr gut, aber es ist bei weitem nicht perfekt. Vor sehr unruhigen Hintergründen hat das Tracking z.T. relativ viel Mühe und nicht alle Vogelarten funktionieren gleich gut. Blickt der Vogel etwas schräg in die Kamera, hat der AF manchmal auch das Problem, dass der Fokuspunkt so selektiert wird, dass der Fokus dann mehr auf dem Schnabel als auf dem Auge liegt. Weiter ist das Tracking auch sehr abhängig davon, wie ruhig man die Kamera hält. Dies ist auch entscheidend bei Vögeln im Flug. Führt man die Kamera sehr ruhig und flüssig nach, kommt der Autofokus viel besser mit, als wenn man das Bild etwas ruckartig nachführt.

Im Vergleich zu den vorherigen AF-Systemen der Spiegelreflex-Kameras ist die Z9 aber in allen Aspekten mindestens gleichwertig, wenn nicht besser. Bei sehr statischen oder sich nur langsam bewegenden Tieren ist das Tracking in den allermeisten Fällen eine fantastische Verbesserung. Bei Vögeln im Flug habe ich noch gemischte Gefühle. Manchmal habe ich Serien, bei denen die Kamera das Auge fantastisch erkennt und nachführt, manchmal funktioniert das Tracking aber auch überhaupt nicht. Mit der Zeit merkt man aber, wo die Limitationen des Trackings sind und passt sich dann auch etwas daran an.

Ist der Vogel nicht allzuweit weg und auch eher langsam unterwegs funktioniert das Tracking ausgezeichnet. Dies hilft einem enorm, denn man kann sich viel mehr auf die Komposition konzentrieren.

Je nach Situation funktioniert das Tracking auch bei Vögeln im Flug. Manchmal hat es aber auch seine Mühe und man muss auf konventionelle Fokusmethoden zurückgreifen.

Elektronischer Sucher und Display

Ein weiterer Punkt, der mich bei der Z6 nie überzeugen konnte, war der elektronische Sucher. Der Viewfinder-Lag war zwar recht gering, trotzdem aber merkbar und ich bevorzugte den optischen Sucher der D850. Der elektronische Sucher der Z9 ist zwar auf dem Papier alles andere als eindrücklich, in der Praxis funktioniert er aber super und mir gefällt er nun sogar besser als der optische Sucher der D850. Ein Viewfinder-Lag ist jedenfalls für meine Augen nicht bemerkbar und trotz der für Marktverhältnisse relativ geringen Auflösung von 3.69 Millionen Bildpunkten mit einer ebenso eher geringen Bildwiederholungsrate von 60 Hz macht er seinen Job ausserordentlich gut. Denn während der Sucher zwar auf dem Papier nicht so hochauflösend ist, wird die Auflösung nie heruntergeschraubt und ist zudem sehr hell. Im Vergleich mit elektronischen Suchern der Konkurrenz würde ich den der Z9 jedenfalls als mindestens gleich, wenn nicht sogar besser einstufen.

Klappbares Display der Nikon Z9

Bei spiegellosen Kameras zeigt der Sucher und der Bildschirm das gleiche Bild. Dadurch ist die Kamera noch flexibler einsetzbar.

Dass die Bildwiederholungsrate des Suchers auf 60 Hz beschränkt ist, liegt allerdings an einer der grossen Stärken der Kamera. Der Sucher zeigt nämlich ununterbrochen ein Bild, auch wenn die Kamera gerade ein Foto schiesst. Die Bilder, die im Sucher angezeigt werden, werden, so wie ich das verstehe, immer dann ausgelesen, wenn die Kamera gerade keine Fotos schiesst. Es werden also 60 Bilder pro Sekunde für den Sucher ausgelesen und zwischen diesen Bildern macht die Kamera die "richtigen" Fotos. Dies funktioniert natürlich nur mit Fotos mit einer genügend kurzen Verschlusszeit, damit die Fotos zwischen die Bilder des Suchers passen. Bei langsameren Verschlusszeiten fängt der Sucher dementsprechend wieder zu stocken an, bevor er dann wieder ein Blackout zeigt. Für Tierfotografen ist dies aber wahrscheinlich nur selten ein Thema.

Anders als bei DSLR’s zeigt das Display von spiegellosen Kameras das Gleiche wie im Sucher. Und während der AF mit dem Live View beispielsweise von der D850 weniger «hit» und dafür mehr «miss» war, funktioniert dies bei der Z9 um Welten besser. Gerade für Wasservögel, wenn ich nicht durch den Sucher blicken kann, um auf Wasserhöhe zu kommen, ist der Bildschirm auf der Rückseite genial. Dass er wie bei der D850 und der Z6 hochklappbar ist, hilft zusätzlich. Neu kann der Bildschirm auch im Hochformat hochgeklappt werden. Bisher habe ich das zwar fast nie gebraucht, es wird sich aber sicher irgendwann einmal noch als sehr nützlich erweisen.

Elektronischer Verschluss

Die hohen Bildraten der Z9 sind grundsätzlich dem neuen Sensor zu verdanken. Dieser ist zwar rein von den Megapixeln her identisch zur D850, Z7 und Z7II, die Technologie dahinter aber eine andere. Dadurch können die Fotos viel schneller vom Sensor abgelesen werden. Dies nicht nur bezüglich der Anzahl Bilder in der Sekunde, sondern auch bezüglich der Anzahl Pixel.

Gängige Bildsensoren können Bilder mit zwei Verschlussarten schiessen: dem mechanischen und dem elektronischen Verschluss. Beim mechanischen Verschluss bestimmt ein Mechanismus vor dem Sensor, wie viel Licht auf den Sensor fällt. Beim elektronischen Verschluss wird dies dagegen, wie der Name schon sagt, alles digital vorgenommen. Bisher können die allermeisten Kameras aber nicht alle Pixel gleichzeitig mit dem elektronischen Verschluss auslesen. Die Pixel werden stattdessen beginnend von oben Zeile für Zeile abgelesen. Bis alle Pixel abgelesen werden, vergeht also eine gewisse Zeit. Bei üblichen Sensoren hat dies zum Effekt namens Rolling Shutter geführt. Dank dem mechanischen Verschluss blieb dieser Effekt die meiste Zeit über aber verborgen und nur sichtbar mit dem elektronischen Verschluss. Die Z9 hat nun aber einen so schnellen neuen Sensor, dass dieser Effekt beim elektronischen Verschluss gar nicht mehr auftritt. Der mechanische Verschluss wurde damit obsolet, weshalb er in der Kamera gar nicht mehr vorhanden ist.

Dies hat wiederum zwei wichtige Folgen. Erstens fallen dadurch die Geräusche der Kamera weg. In ganz stillen Umgebungen hört man noch ganz fein, dass irgendetwas gerade passiert, ansonsten ist die Kamera aber totenstill. Wer dies nicht möchte, kann ein Auslösegeräusch über den Lautsprecher ablassen. Für Tierfotografen ist dies eher uninteressant und höchstens mal lustig zum Angeben. Auch wenn ich die Chancen dafür als sehr gering empfinde, fände ich es übrigens auch ganz witzig, wenn man eigene Sounds auf die Kamera laden könnte.

Der zweite Vorteil des ausschliesslich elektronischen Verschlusses ist, dass an der Kamera noch weniger kaputt gehen kann. Bisher war der Verschluss das mechanische Bauteil an der Kamera, das tendenziell am ehesten kaputt gehen konnte, unabhängig von der Handhabung durch den Besitzer. Dies war auch einer der Hauptgründe, weshalb ich so früh wie möglich auf die Z9 umsteigen wollte. Meine D850 ist bereits um einiges über die angegebene Verschluss-Lebenserwartung hinausgeschossen und zeigte auch bereits erste kleine Anzeichen, dass dieser nicht mehr ewig so weiter machen würde.

Gewicht und Handhabung

Mit 1.3 kg (mit Batterie und Speicherkarten) ist die Kamera eher auf der schweren Seite. Hinzu kommt, dass sie aufgrund der recht kompakten Grösse (Die Z9 ist kleiner als die D850 mit Grip) sehr dicht wirkt. Ist dies nun ein Argument gegen die Kamera? Für manche wahrscheinlich schon. Mich stört dies ehrlich gesagt überhaupt nicht. Die Kamera wirkt (bzw. ist) solid gebaut und das ist mir persönlich um Welten wichtiger als das Gewicht. Und da man als Tierfotograf eh immer einen schweren und grossen Rucksack mit sich herumträgt, spielen das Gewicht und die Grösse auch nicht so eine entscheidende Rolle.

Die Nikon Z9 im Schnee.

Mit 1.3 kg ist die Z9 zwar relativ schwer, in der Hand liegt die Kamera allerdings äusserst gut. Wettertechnisch sollte die Kamera auch so einige aushalten können.

Wer bereits vorher mit Nikon fotografiert hat, wird sich mit dem Layout der Z9 von Anfang an sehr vertraut fühlen. Im Vergleich zu einer DSLR haben sich zwar doch einige Knöpfe verschoben, die wichtigen Knöpfe sind aber an den üblichen Stellen. Am grundlegenden Konzept der Bedienung hat sich aber Folgendes gegenüber den DSLR geändert: die Kamera kann jetzt ohne Probleme durch den Sucher bedient werden. Dazu sind viele der Knöpfe, die sich vorher links des LCD-Panels befanden, auf die rechte Seite gewandert. Dies braucht zwar etwas Umgewöhnung, langfristig macht die Umplatzierung aber Sinn.

Womit ich schon bei der D850 nie hundertprozentig zufrieden war, ist der Joystick. So wird er jedenfalls offiziell genannt, eigentlich ist er aber einfach ein weiteres D-Pad mit insgesamt 9 Richtungen und einem integrierten Knopf. Den Fokuspunkt mit dem "Joystick" zu verschieben, finde ich eher umständlich und wenn ich den Joystick-Knopf drücken will, um meine alternative Fokusmethode zu aktivieren, verschiebe ich auch ganz gern mal den Fokuspunkt, anstatt die Methode umzuschalten. Mir wäre da ein eine Art Smart Controller wie bei Canon auf dem AF-On Knopf plus einen separaten Knopf für eine zweite Fokusmethode fast lieber.

Weiter bin ich auch beim normalen D-Pad nicht so glücklich. Erstens fühlt sich dieses für mich nicht so gut an. Denn auch im Vergleich zum ausgeleierten D-Pad der D850, ist das Pad der Z9 dem der D850 in der Haptik unterlegen.  Es gibt nämlich kaum ein Feedback, wenn man ein Knopf drückt und ich hatte aussergewöhnlich viel Mühe, das Pad mit Handschuhen zu bedienen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dies an einer besseren Abdichtung liegen könnte, finde es aber dennoch etwas schade, dass sich die Haptik so stark verschlechtert hat. Allgemein fände ich anstatt des D-Pads ein zusätzliches Drehrad recht nützlich z.B. um den ISO-Wert einfach per Drehrad einstellen zu können.

Video

Auch wenn ich selber hauptsächlich fotografiere, habe ich in den letzten Jahren immer öfters auch mal ein Video aufgenommen. Während sowohl die D850 als auch die Z6 recht gute Videos aufnehmen konnte, schlägt die Z9 diese auch in dieser Kategorie in allen Belangen. Dass die Kamera 8k 30p für über 2 Stunden lang filmen kann, ist zwar für mich persönlich ziemlich irrelevant, zeigt aber schon mal, dass die Kamera durchaus was kann. Viel spannender finde ich z.B. internes 10-bit N-Log, 4k 120p und ein zuverlässiger Autofokus im Videomodus. Weiter sollen in Zukunft auch noch 8k 60p in einem neuen Nikon RAW-Format und ProRes RAW für gewisse 4k Modi per Firmware Update hinzukommen. Beides Dinge, die ich wahrscheinlich nicht brauchen werde, aber man weiss ja nie.

Weitere Features

Die Z9 bringt auch sonst einige Neuerungen. Einige Features waren mir besonders willkommen:

Video-AF

Neu kann die Geschwindigkeit des Video-AF’s nicht nur angepasst werden, sondern man kann die Geschwindigkeitsreduktion für die Zeit deaktivieren, während man gar kein Video aufnimmt. Will ich nun auf einen Vogel scharfstellen, geht das viel schneller und der vorsichtigere und langsamere AF greift erst während dem tatsächlichen Filmen ein.

Foto-Konfiguration auf Fn-Knopf

Das Feature wurde erstmals in der D6 eingeführt und ist glücklicherweise auch in der Z9 zu finden. So kann ich auf einen Knopf (beispielsweise auf der Vorderseite) bestimmte Kameraeinstellungen speichern. Anders als bei früheren Kameras, muss ich den Knopf nur gedrückt halten, damit die Einstellungen aktiviert werden. Bei meiner D850 musste ich dafür noch ein Knopf drücken und ein Drehrad drehen, um die Einstellungen zu wechseln. Die neue Methode ist deutlich schneller und intuitiver und kommt bei mir sehr oft zum Einsatz. Bei Wasservögeln bei Sonnenuntergang habe ich z.B. 1/32000, ISO 64 und f/ 4 oder kleiner eingestellt. So kann ich die Vögel, wenn sie direkt vor die Sonne schwimmen mit den dunkelsten Einstellungen fotografieren, wie es nur geht. Bei Singvögeln habe ich dagegen eine sehr langsame Zeit und 10 Bilder pro Sekunde auf den Knopf gelegt. Sitzt der Vogel nun sehr ruhig auf einem Ast, kann ich so versuchen, die ISO zu reduzieren und ich schiesse auch etwas weniger Fotos.

Sternenansichts-Modus

Der Sternenansichts-Modus hellt den Sucher auf und entkoppelt dadurch das angezeigte Bild von den Kameraeinstellungen. Denn wenn ich beispielsweise ins Gegenlicht fotografiere und stark unterbelichte, würde ich sonst fast nichts mehr im Sucher erkennen. Mit dem Sternenansichts-Modus kann ich hingegen das Bild perfekt aufgehellt erkennen und auch der Autofokus scheint dadurch etwas zu profitieren.

Kürzere Belichtungszeiten

Die Z9 kann nicht wie meist üblich bis zu 1/8000 einer Sekunde belichten, sondern neu auch bis zu 1/32000. Gerade für Vögel im Gegenlicht und besonders als Silhouetten vor der Sonne ist das enorm hilfreich, um möglichst viel Details im Bild zu erhalten. In Kombination mit dem Sternenansichts-Modus und den Shoot-Konfigurationen war es noch nie so einfach, Vögel im Gegenlicht zu fotografieren.

Eine Alpenbraunelle bei Sonnenaufgang im Schneegestöber fotografiert mit der Nikon Z9.

Im Gegenlicht zu Fotografieren war noch nie so einfach wie mit der Z9. Zumal man auch nicht mehr Angst davor haben muss, dass man aus Versehen mit dem Teleobjektiv direkt in die Sonne blickt.

Firmware-Update Wunschliste

Wenn wir schon bei Firmware-Updates sind: dass einige Funktionen noch nachgeliefert werden, wurde ja schon offiziell angekündigt. Neben den angekündigten Features würde ich mir aber noch über Folgendes freuen:

Wie bereits oben erwähnt sind 20 Bilder pro Sekunde in den allermeisten Fällen bereits mehr als genug. Aber wie fast immer ginge es natürlich noch etwas besser;-) Ob höhere Bildraten möglich wären, weiss ich zwar nicht, ich denke aber besonders mit dem High Efficiency Format könnten vielleicht noch höhere Bildraten erzielt werden. Seien das 25 oder 30 Bilder in der Sekunde, auf jeden Fall wäre es nochmals eine super Verbesserung.

Wie ebenfalls bereits oben erwähnt, würde ich mich sehr über mehr Funktionalität des Halbgedrückten Auslösers freuen. Wenn sich das Motiv gerade nicht bewegt, wäre dies eine schnelle und intuitive Variante, um die Bildrate zu senken.

Das Tracking der Vögel funktioniert jetzt schon relativ gut. Nichtsdestotrotz ist sicher noch Luft nach oben. Ein Tracking-Update wäre deshalb auf jeden Fall willkommen, ich denke aber, dass so etwas schon in Arbeit sein könnte.

Z90 – Kommt die Baby-Z9?

Wer zwar am Umstieg auf eine spiegellose Kamera interessiert ist, die Z9 aber etwas zu teuer findet, muss sich wahrscheinlich nicht mehr lange gedulden. Früher oder später wird die Technologie auch in den anderen Kameras vorhanden sein. Bekannt ist zwar noch nichts und auch die Gerüchteküche noch kalt, es würde mich aber nicht überraschen, wenn Nikon noch dieses Jahr die Z90 eine Baby-Z9 auf den Markt bringen würde. Wie bereits die D300 zur D3, die D300s zur D3s und die D500 zur D5. Jedenfalls nach meinen Vorstellungen wäre die Z90 eine Z9 mit der Grösse der Z6/Z7, hätte gut 20 Mpx im DX-Format und den gleichen Prozessor wie die Z9. Weiter würde es auch Sinn machen, die Kamera zusammen mit dem 200-600mm anzukündigen. Dieses Objektiv ist ja schon lange auf dem Roadmap und wäre zusammen mit der Z90 die ideale Kamera für Birder und Tierfotografen. Also das spiegellose Äquivalent zur D500 mit dem 200-500mm. Warum die Vermutung? Bei Canon sind in letzter Zeit öfters Gerüchte aufgekommen, dass eine spiegellose R-Kamera im Crop-Format erscheinen könnte. Es würde mich deshalb nicht überraschen, wenn auch Nikon und Sony relativ zeitnah mit einer ähnlichen Kamera folgen oder sogar starten würden.

Fazit

Die Nikon Z9 macht auf dem Spec-Sheet einige grosse und mutige Versprechen. Diese halten sich aber auch im Feld tapfer und die Kamera lässt nur wenige Wünsche offen. Für Fotografinnen und Fotografen mit Nikon DSLR Kameras oder Spiegellosen der ersten beiden Generationen lohnt sich die Z9 auf jeden Fall, sofern man die Features auch wirklich braucht. Die Z9 ist zwar in absoluten Zahlen auf der teuren, relativ zu den Konkurrenzmodellen aber eher auf der billigen Seite. In der Preisklasse spielen die Konkurrenzmodelle aber aus meiner Sicht nur eine Nebenrolle. Wer sich eine Nikon Z9, eine Sony A1 oder eine Canon R3 kauft, hat wahrscheinlich schon vorher mit der entsprechenden Marke fotografiert und einen Wechsel von einer Marke zur anderen ist es beim jetzigen Stand der Dinge kaum wert. Wer also heute beispielsweise mit einer Sony A7RIV und einem 600mm f4 oder mit einer Canon R5 und einem 400mm 2.8 fotografiert, gewinnt relativ wenig und investiert das Geld besser in eine Fotoreise. Wer allerdings heute noch mit einer Nikon D5, D6, D850 oder auch einer D500 fotografiert und evtl. schon mit anderen Systemen geliebäugelt hat, hat nun endlich auch eine äusserst interessante Option vom Hause Nikon. Denn dank der Z9 hat nun auch Nikon eine spiegellose Kamera, die die DSLR in allen Kategorien der Kunst des Besseren belehrt. Und wenn man nicht die Z9 kaufen kann, weil sie etwas zu teuer ist, wird die Technologie auch bald in den billigeren Kameras wie einer eventuellen Z90 aber auch den Z6III, Z7III oder evtl. der Z8 zu finden sein.

Video mit Fabian Fopp über die Nikon Z9

Zusammen mit dem Naturfotografen Fabian Fopp habe ich zusätzlich ein kleines Video über die Z9 gemacht.

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Nicolas Stettler

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4.10.2023

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