Reiherente (Aythya fuligula)
Steckbrief
Wissenschaftlicher Name: Aythya fuligula
Klasse: Vögel
Ordnung: Gänsevögel
Familie: Entenvögel
Länge: 40-47cm
Spannweite: 67-73cm
Gewicht: 550-900g
Verbreitung: Eurasien
Brutbestand CH: 160-280 Paare
Lebensraum: Verschiedene Seen und Fliessgewässer
Zugverhalten: Standvogel, Kurz- bis Langstreckenzieher
Wie sieht eine Reiherente aus?
Das Reiherenten-Männchen ist im Prachtkleid grösstenteils schwarz gefärbt. Nur die Flanken sind weiss. Am Hinterkopf haben die Männchen einen Federbüschel. Dies ist ein Merkmal, welches auch bei den Reihern anzutreffen ist. So hat die Reiherente auch ihren deutschen Namen erhalten. Die Federn am Kopf können je nach Licht lila bis türkis schillern. Der Schnabel ist bis auf den schwarzen Nagel (Spitze des Schnabels) grau gefärbt. Das Auge ist das ganze Jahr über gelb gefärbt.
Im Schlichtkleid werden die weissen Flanken durch graue, gemusterte Federn ersetzt. Der Federbüschel ist weniger stark ausgeprägt und geht bei manchen Individuen ganz verloren. Auch die schillernden Kopffedern verlieren ihren Effekt.
Das Weibchen ist allgemein etwas brauner gefärbt. Die Flanken sind ebenfalls braun und haben zusammen mit den Brustfedern einen etwas helleren Farbton als das restliche Gefieder. Auch die Weibchen haben eine gelbe Iris. Der Federschopf am Hinterkopf ist je nach Individuum nur wenig bis gar nicht ausgeprägt.
Verwechslungsmöglichkeit
Die Reiherenten-Männchen haben eine gewisse Ähnlichkeit mit den Männchen der Bergente. Die Bergente hat aber einen hellgrauen Mantel, welcher fein gemustert ist. Der Mantel der Reiherente ist wie der restliche Körper, mit Ausnahme der Flanken, schwarz.
Die Federn am Schnabelansatz der Weibchen können z.T. weiss gefärbt sein. Dies ist eigentlich ein typisches Merkmal der Bergente, einer Art, die in der Schweiz immer seltener vorkommt. Die Bergenten-Weibchen haben keine Andeutung eines Federschopfes und sind auch etwas grösser. Eine weibliche Bergente zu bestimmen, ist sehr anspruchsvoll. Man kann aber davon ausgehen, dass es sich in der Schweiz bei 99% der fragwürdigen Enten um Reiherenten-Weibchen handelt.
Wo brütet die Reiherente?
Reiherenten brüten an verschiedenen Seen und Fliessgewässern. Ein kleiner Teil brütet auch an Parkteichen. Im Winter hat die Reiherente deutlich geringere Ansprüche an ihren Lebensraum und eine Vielzahl überwintert in Häfen, wo sie gut vor Wind und Wellen geschützt sind.
Vorkommen in der Schweiz
Im Sommer trifft man die Reiherente in der Schweiz vor allem an höher gelegenen Bergseen, aber auch vereinzelt im Mittelland an. Der Brutbestand wird heute auf rund 180-260 Brutpaare geschätzt. Der Trend war in den letzten Jahren leicht positiv.
Im Winter ziehen Zehntausende von Reiherenten aus ihren Brutarealen in Nord-Nordosteuropa in die Schweiz. Sie profitieren vom guten Nahrungsangebot aufgrund der Wandermuschel. Die Wandermuschel wurde in den 60er-Jahren über den Rhein eingeschleppt. Seither hat sie sich in fast alle grösseren Gewässer der Schweiz ausgebreitet. Der Winterbestand der Tauchenten, welche sich von Muscheln ernähren, ist ab 1960 massiv angestiegen. Doch seit den 90er-Jahren hat sich der Trend allmählich geändert. Aufgrund des Klimawandels müssen die Enten nicht mehr so weit in den Süden fliegen, um nicht-zugefrorene Gewässer zu finden. Der Winterbestand der Reiherente ist seit 1990 von 200'000 Wintergästen auf 100'000 Wintergäste gesunken. Damit verlieren die Reiherenten den Titel des häufigsten Wasservogels im Winter schon bald an das Blässhuhn.
Was frisst die Reiherente?
Die Reiherente gehört zu den Tauchenten und erwirbt ihre Nahrung tauchend. In der Regel taucht sie bis zu 5m tief. Ein Tauchgang dauert ungefähr 20 Sekunden. Auf der Speisekarte der Reiherente stehen Kleintiere wie Larven, Muscheln und Schnecken. Zu einem kleinen Teil ernährt sich die Reiherente aber auch von Wasserpflanzen. Besonders an Häfen gibt es auch Exemplare, die es den Stockenten abgeschaut haben und sich ebenfalls vom Brot von Passanten ernähren. Auch für die Reiherente ist das Brot sehr schädlich. Dies liefert zwar viel und einfach Energie, der hohe Salzgehalt ist aber für die Enten ungesund.
Fortpflanzung der Reiherente
Die Balz beginnt wie bei vielen anderen Enten schon in den Überwinterungsgebieten. Um die Brut kümmert sich das Weibchen allein. Es legt jeweils 6 bis 14 graugrüne Eier in sein Nest, welches in der Ufervegetation versteckt ist. Gerne legen Weibchen ihre Eier auch in Nester von Artgenossen oder von fremden Entenarten. Die Eier werden für ungefähr 24 Tage bebrütet. Die Jungen verlassen schon wenige Stunden nach dem Schlüpfen ihr Nest. Als Nestflüchter werden sie zwar noch von der Mutter geführt und beschützt, sie müssen ihre Nahrung aber selber suchen und aufnehmen.
Bei der Reiherente kommt es öfters auch zu Hybridisierung mit anderen Entenarten. So sind z.B. Hybriden aus Reiherenten und Moorenten, Tafelenten und Bergenten bekannt.
Sind Reiherenten Zugvögel?
Die Reiherente ist grösstenteils ein Zugvogel. So ziehen die Vögel im Herbst aus ihren Brutgebieten ab und fliegen in den Süden. Weiter im Norden gefrieren die Gewässer nämlich zu und die Reiherenten gelangen nicht mehr an ihre Nahrung. Je nachdem wo die Brutgebiete liegen, müssen die Enten sehr weite Distanzen zurücklegen. Diese betragen zum Teil weit über 4'000 km, weshalb sie sowohl zu den Kurz- als auch zu den Langstreckenziehern gezählt wird. Reiherenten, die weiter im Süden brüten, bleiben das ganze Jahr im Brutgebiet.
Reiherenten fotografieren
Reiherenten können im Winter an allen grösseren Häfen beobachtet und fotografiert werden. Dabei besteht aber die Schwierigkeit, dass man im Hafen nicht gut auf Augenhöhe gelangen kann. Dafür sind sich die Reiherenten im Hafen an uns Menschen gewöhnt und verlieren im Verlaufe des Winters allmählich ihre Scheu. Einige Individuen sind sogar an einem interessiert und schwimmen ohne Angst auf einen zu.
Um sich eher scheuen Reiherenten anzunähern, gibt es einen guten Trick. Ich habe diesen in einem früheren Artikel beschrieben und wende diesen selber ab und zu an. Zum besagten Artikel geht es hier.
Reiherenten sind mit ihrem kontrastreichen Gefieder sehr schwierig richtig zu belichten. Besonders die Gefiederpartien am Kopf sind schnell völlig unterbelichtet und sind als schwarze Flecken zu erkennen. Diese schwarzen Flecken lassen sich nicht mehr mit einem Bildprogramm korrigieren. Bei einer zu langen Belichtungszeit werden die schwarzen Gefiederpartien zwar richtig belichtet, dafür sind die weissen Flanken überbelichtet. Auch das lässt sich nicht mehr korrigieren und es muss meist ein Kompromiss eingegangen werden. Nur bei sehr gutem Licht, das heisst bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang oder bei dicken Wolken ist es möglich, sowohl die dunklen als auch die hellen Gefiederpartien richtig zu belichten.
Andere Arten
Quellen
Die Bestandeszahlen, Länge, Gewicht und Spannweite entsprechen den Daten der Vogelwarte Sempach
Informationen über Verhalten, Verbreitung usw. entsprechen meinen eigenen Beobachtungen und wurden mit Informationen aus folgenden Quellen ergänzt:
Die Vögel der Schweiz (2007) Lionel Maumary et al.
Schweizer Brutvogelatlas 2013-2016
Der Kosmos Vogelführer (2017) Lars Svensson et al.