Vögel fotografieren – So gelingen dir eindrucksvolle Bilder
Vögel zu fotografieren kann sehr schwer sein. Viele Arten sind sehr scheu und befinden sich daher häufig eher weit weg. Hinzu kommt noch, dass die meisten Vögel recht klein sind. Mit der passenden Ausrüstung, den korrekten Einstellungen und der richtigen Technik fällt das Ganze aber schon ein wenig leichter. In diesem Artikel lernst du, wie dir eindrucksvolle und einzigartige Bilder von Vögeln gelingen. Ich erkläre dir, auf was du beim Fotografieren achten solltest und wo du Vögel findest, die du leicht fotografieren kannst. Lerne von meinen Tipps und Tricks, welche ich selber in den letzten Jahren beim Fotografieren gelernt habe.
1. Vogelfotografie – Ausrüstung
1.1 Die richtige Kamera
Auf dem heutigen Kameramarkt findet man schon für wenige hundert Franken gute Kameras. Die Bildqualität steigt zwar mit einem höheren Preis noch weiter an, die Unterschiede werden aber immer geringer. Doch welche Kamera ist am besten für die Vogelfotografie geeignet?
Eine eindeutige Antwort auf die Frage gibt es hier nicht. Trotzdem existieren einige Faktoren, die du bei der Auswahl der Kamera beachten solltest. Im Vergleich zu anderen Spezialisierungen beansprucht die Vogelfotografie die Kamera besonders stark.
Neben einem möglichst schnellen Autofokus bevorzugen viele Vogel- bzw. Tierfotografen Kameras mit einer hohen Auflösung. Das erlaubt ihnen bei Bedarf, das Bild noch etwas zuzuschneiden. Wer sich statt für eine Vollformat-Kamera für eine Kamera im DX- oder APS-C-Format entscheidet, hat schon von Beginn an eine Vergrösserung. Dann muss die Kamera auch nicht so viele Megapixel aufweisen.
Neben dem Autofokus und der Auflösung spielt auch das Rauschverhalten bei hohen ISO-Werten eine wichtige Rolle. Gewisse Vogelarten werden erst in der Dämmerung aktiv. Um diese Vögel - oder allgemein bei schlechten Lichtverhältnissen - zu fotografieren, muss man die ISO stark erhöhen. Mit einem hohen ISO-Wert beginnt das Bild allerdings zu rauschen. Kameras mit geringeren Auflösungen und darum grösseren Pixeln, und Kameras mit besseren Algorithmen rauschen tendenziell weniger stark.
Bei der Auswahl einer Kamera muss also immer ein gewisser Kompromiss eingegangen werden. Auch die Auswahl des Kameraherstellers kann sich sehr schwierig gestalten. Ob Nikon, Canon oder Sony: alle bieten gute Kameras an und schlussendlich kommt es eher darauf an, wie viel Geld man in eine Kamera investieren möchte.
1.2 Das richtige Objektiv
Besonders für die Vogelfotografie ist das richtige Objektiv fast wichtiger als die Kamera. Da die allermeisten Vögel eher scheu sind, ist ein Teleobjektiv ein Muss. Bei der Vogelfotografie gilt in den meisten Fällen: je grösser das Objektiv desto besser. Grössere Objektive brillieren neben der starken Vergrösserung auch mit der Schärfe und der Lichtstärke.
Besonders Occasion lassen sich aber auch bei den Objektiven gute Angebote bei einem relativ geringen Preis finden. So z.B. das Sigma 150-600mm 5.0/6.3. Dieses ist zwar mit einer maximalen Blendenöffnung bei 600mm von 6.3 nicht unbedingt das lichtstärkste Objektiv, mit 600mm hat es aber die optimale Brennweite für die Vogelfotografie. Allerdings ist auch der AF-Motor eher auf der langsameren Seite, trotzdem ist es für den Preis ein super Objektiv. Für bessere Qualität bezüglich des Autofokus und der Lichtstärke zahlt man schnell mal einige Tausend Franken mehr.
1.3 Stativ oder aus der Hand
Ob man ein Stativ verwendet, kommt sowohl auf die Situation als auch auf die eigenen Präferenzen an. Ich z.B. verwende das Stativ hauptsächlich, wenn ich länger an einem Ort bleibe und auf einen Vogel warte. Wenn ich aber unterwegs bin und aktiv nach Vögeln suche, lasse ich mein Stativ zuhause.
Dieses schränkt mich dann nämlich zu fest ein und steht mir dann meist nur im Weg. Je nach Ort bin ich mit dem Stativ zu wenig flexibel, um auf Augenhöhe mit dem Vogel zu kommen oder den gewünschten Hintergrund zu erhalten. Auch das Anschleichen ist mit dem Stativ wesentlich umständlicher. Wenn ich aus der Hand fotografiere, muss ich dafür die Verschlusszeit etwas erhöhen, um verwackelte Bilder zu vermeiden. Gerade mit einem guten Bildstabilisator im Objektiv ist dies aber nicht mehr so schwierig.
1.4 Weitere Accessoires für die Vogelfotografie
Gerade für sehr scheue Vögel sind ein Tarnzelt, ein Tarnüberwurf oder ein Tarnnetz sehr nützlich. Ich persönlich brauche Tarnung nur selten. Ich versuche nämlich eher Individuen zu finden, die nicht so scheu sind und sich an meinen Präsenz gewöhnen. Je nach Art ist dies allerdings kaum möglich und dann kann ein Tarnzelt oder Ähnliches aushelfen. Ob man aber ein Tarnzelt braucht, ist jedem selbst überlassen.
Was in der Tierfotografie oft unterschätzt wird, sind die Kleider. Hast du warme Handschuhe, hälst du es im Winter 20 Minuten länger an der Location aus. Ist deine Regenjacke wasserdicht, bleibst du 30 Minuten länger draussen im Regen. Hast du einen guten Rucksack, kannst du die schwere Kamera für einen Kilometer weiter herumtragen. Diese wenigen Minuten mehr genügen vielleicht, dass der scheue Vogel plötzlich doch noch auftaucht. Auf dem Kilometer, den man mehr läuft, trifft man vielleicht auf einen seltenen Vogel.
2. Die richtigen Einstellungen für eindrucksvolle Bilder
Ein schöner Vogel in wunderbarem Licht oder bei einem einzigartigen Verhalten ist leider alles Nichts wert, wenn das Foto zu stark rauscht, unscharf oder verwackelt ist. Um nicht ein super Foto zu verpassen, solltest du deine Kameraeinstellungen nicht dem Zufall (Automatik) überlassen, sondern selber die Einstellungen bestimmen. Dafür ist es aber wichtig, dass du dich mit den Werten auskennst und weisst, wie du diese einzustellen hast.
2.1 Einstellungen
Blendenöffnung
Mit der Blendenöffnung wird geregelt, wie viel Licht auf den Sensor fällt. Damit verbunden ist auch die Tiefenschärfe und das Bokeh. Damit sich der Vogel vom Hintergrund absetzen kann, sollte der Hintergrund möglichst unscharf sein. Dies wird durch eine weite Blendenöffnung verstärkt. Eine kleine Blendenzahl wie z.B. f/ 4 sorgt für eine weit geöffnete Blende und damit für einen unscharfen Hintergrund. Mit einer Blendenöffnung von f/ 11 erhalte ich dagegen einen viel schärferen Hintergrund. Da ich die Blende also meist vollkommen öffne, muss ich mich bei den Einstellungen eigentlich nur um die Belichtungszeit und die Belichtungskompensation kümmern.
Belichtungszeit
In die Auswahl meiner Belichtungszeit fliessen verschiedene Faktoren ein. Sitzt der Vogel, rennt er oder fliegt er? Fotografiere ich auf einem Stativ? Was habe ich für Lichtverhältnisse? Wie hoch ist mein ISO-Wert?
Mit einer schnellen Verschlusszeit kann ich zwar schnelle Bewegungen einfrieren, dafür brauche ich mehr Licht oder eine höhere Sensorempfindlichkeit. Mit einer längeren Belichtungszeit brauche ich eine geringere Sensorempfindlichkeit und erhalte damit ein rauschärmeres Bild. Allerdings laufe ich Gefahr unscharfe Bilder zu erhalten, weil sich entweder die Kamera oder der Vogel bewegt hat.
ISO-Empfindlichkeit
Die Funktionsweise der ISO-Empfindlichkeit in digitalen Kameras ist sehr kompliziert. Sehr vereinfacht gesagt, funktioniert der ISO-Wert aber so, dass er die Lichtempfindlichkeit des Sensors festlegt. Je kleiner der Wert, desto weniger lichtempfindlich wird der Sensor. Umgekehrt braucht der Sensor mit einem hohen ISO-Wert weniger Licht für ein gleich helles Bild. Durch die höhere Empfindlichkeit des Sensors fängt das Bild an zu rauschen und verliert an Schärfe.
Belichtungskompensation
Damit die Kamera den richtigen ISO-Wert wählt, verwende ich die Belichtungskompensation. Damit kann die Kamera informiert werden, ob sie das Bild über- oder unterbelichten soll. So muss z.B. ein Foto von einem hellen Vogel vor einem dunkeln Hintergrund unterbelichtet werden. Sonst würde die Kamera so belichten, dass der Hintergrund richtig belichtet würde. Die hellen Gefiederpartien des Vogels würden «ausbrennen». Das bedeutet, dass diese hellen Stellen keine Farbinformationen mehr enthalten und als komplett weisse Pixel dargestellt würden.
Vögel, welche ein sehr kontrastreiches Gefieder besitzen, sind besonders schwierig zu belichten. Eiderenten zum Beispiel haben einen so starken Gefiederkontrast, dass entweder die hellen oder die dunklen Gefiederpartien über- bzw. unterbelichtet sind. Das Histogramm kann dir dabei helfen zu kontrollieren, ob sowohl die hellen als auch die dunklen Bereiche noch Informationen enthalten. Du solltest also Werte ganz links und rechts auf dem Histogramm vermeiden.
2.2 Kameramodus
Der Kameramodus bestimmt, wie Belichtungszeit, Blendenöffnung und ISO-Empfindlichkeit eingestellt werden sollen. Entweder geschieht dies automatisch, halbautomatisch (indem man nur gewisse Einstellungen festlegt) oder ganz manuell.
Für die Vogelfotografie kann ich grundsätzlich nur den manuellen Modus empfehlen. Diesen Modus kann man aber noch so anpassen, dass nicht alle Werte wirklich manuell festgelegt werden müssen. Das Wort manuell passt dann eigentlich nicht mehr so ganz.
Manuell mit ISO-Auto
Belichtungszeit und Blendenöffnung legt man in diesem Modus selbst fest, während die Kamera den richtigen ISO-Wert festlegt. Während ich mit der Belichtungszeit die Schärfe und mit der Blende die Tiefenschärfe bzw. das Bokeh festlege, berechnet die Kamera den ISO-Wert, damit das Bild die korrekte Helligkeit hat. Für den ISO-Wert kann ein maximaler Wert eingestellt werden. Die Kamera kann diesen Wert dann nicht überschreiten, was verhindert, dass sie unbrauchbare ISO-Werte auswählt. Den maximalen Wert, an welchem die Bildqualität noch für dich passt, solltest du am besten selber an deiner Kamera auswählen.
Manueller ISO-Wert
Statt die Belichtungskompensation zu verwenden, kannst du auch den ISO-Wert selber festlegen. Einen wirklich grossen Unterschied gibt es zwischen den beiden Varianten nicht. Ich selbst fotografiere mit ISO-Auto und der Belichtungskompensation. Für mich funktioniert das besser, als wenn ich auch die ISO manuell festlege. Was für dich selber besser funktioniert, findest du aber am einfachsten mit Ausprobieren heraus.
So findest du die richtigen Einstellungen zum Fotografieren von Vögeln
Wie ich bereits vorher erwähnt hatte, würde ich zum Fotografieren von Vögeln möglichst eine geöffnete Blende verwenden. Damit musst du dich nur noch um die Belichtungszeit und entweder die Belichtungskompensation oder den ISO-Wert kümmern.
Als grundsätzliche Faustregel für die Belichtungszeit gilt:
Minimale Belichtungszeit = 1/ Brennweite
In meinem Fall wäre das 1/600. Je nach Lichtverhältnissen passe ich die Belichtungszeit aber an. Gerade bei schlechten Lichtverhältnissen vergrössere ich die Belichtungszeit schrittweise. Sofern der Vogel lange genug sitzen bleibt, starte ich bei einer Belichtungszeit von ungefähr 1/400. Wenn ich weiss, dass ich ein scharfes Foto gemacht habe, erhöhe ich die Belichtungszeit auf 1/200. Damit gewinne ich 2 Blendenstopps an ISO-Empfindlichkeit. Von ISO 3200 komme ich nun auf ISO 2000 was in einer deutlichen Reduzierung des Bildrauschens resultiert. Habe ich ein Stativ dabei, versuche ich die Belichtungszeit noch weiter zu erhöhen. Um Erschütterungen zu minimieren verwende ich auf dem Stativ z.T. auch die Spiegelvorauslösung. Dann sind scharfe Bilder mit einem Teleobjektiv auch mit relativ langen Belichtungszeiten möglich.
2.3 Autofokus
Eine Kamera hat grundsätzlich drei verschiedene Varianten, wie man fokussieren kann. Es gibt den kontinuierlichen Autofokus, den Einzel-Autofokus und den Manuellen Fokus. Das manuelle Fokussieren ist aber für das Fotografieren von Vögeln und anderen Tieren zu langsam und zu ungenau. Den Gebrauch des Autofokus kann ich deshalb wärmstens empfehlen. Doch was ist nun der Unterschied zwischen kontinuierlichem Fokus (bei Nikon AF-C) und Einzelfokus (AF-S)?
Beim kontinuierlichen Autofokus, dem AF-C, wird der Fokus immer wieder justiert, solange der Auslöser halb gedrückt wird. Der Einzel-Autofokus stellt den Fokus nur einmal ein. Erst wenn man wieder halb auf den Auslöser drückt, stellt die Kamera erneut scharf.
Die beiden Autofokus-Modi kann man weiter unterteilen in Single-Mode, 3D-Tracking, Dynamic-Mode, Gruppen-AF, und Auto. Ich selbst benutze davon nur zwei Einstellungen häufig. Nämlich den AF-C im Single-Mode und den AF-C im Gruppen-Modus. Weshalb ich den AF-S nie verwende, hat folgenden Grund: Es gibt eine weitere Einstellung die AF-S und AF-C kombinieren kann.
Back-Button Fokus
Bei der Vogelfotografie kommt bei der Verwendung des Autofokus aber ein Problem auf. Sitzt der Vogel auf einem Ast, so kann ich mit dem AF-C zwar fokussieren. Wenn ich aber nun meine Komposition anpassen will, so springt der Fokus auf den Hintergrund. Ich kann den Fokuspunkt zwar verschieben, das ist aber aufwendig und benötigt viel Zeit. Wenn ich den AF-S verwende, passiert mir dies nicht . Fliegt der Vogel aber auf, so habe ich keine Chance diesen scharf zu fotografieren.
Die Lösung dieses Dilemmas heisst Back-Button-Fokus. Bei dieser Methode konfiguriert man die Kamera so, dass die Auslösung des Autofokus nicht mit dem Auslöser gekoppelt ist. Dafür gibt es bei den meisten Kameras einen Knopf (AF-ON-Knopf) in der Nähe des Daumens. Somit wird der Einzel-Autofokus überflüssig. Wenn ich ein einziges Mal fokussieren will, drücke ich einmal kurz auf den AF-ON-Knopf. Will ich den kontinuierlichen Fokus benutzen, lasse ich den Knopf gedrückt. Der AF-ON-Knopf kann über das Menü aktiviert werden. Dies erfolgt aber je nach Kameramodell und Marke etwas anders ab. Ich habe dir hier ein gutes Tutorial verlinkt.
Das Back-Button-Focusing ist etwas gewöhnungsbedürftig. Doch hat man erst mal den Dreh raus, kann man viel effizienter Vögel fotografieren.
Single-mode vs. Group AF
Der kontinuierliche Autofokus kann noch in unterschiedliche Modi unterteilt werden. Während ich für sitzende bzw. eher stationäre Vögel ausschliesslich den Single-Modus verwende, wechsle ich bei fliegenden Vögeln auch gerne mal in den Gruppen-AF. Im Single-Modus habe ich im Sucher einen einzigen Fokuspunkt, welchen ich je nach Komposition verschieben kann. Der Single-Mode hilft mir dabei, auf das Auge des Vogels zu fokussieren.
Der Gruppen-AF hat ein grösseres Abdeckungsfeld im Sucher und fokussiert auf das Objekt, welches am nächsten ist. Gerade bei eher schnellen und hektischen Vögeln funktioniert für mich der Gruppen-AF besser als der Single-Modus. Ich verliere zwar etwas an Genauigkeit, dafür verliere ich nicht so schnell den Fokus.
2.4 Dateiformate
RAW-Formate
Im RAW-Format werden alle Daten verlustfrei gespeichert, welche die Kamera eingefangen hat. Am Computer kann ich die RAW-Daten noch in Kontrast, Helligkeit und Farbwerten bearbeiten, ohne an Qualität zu verlieren. Die RAW-Dateien haben je nach Kamerahersteller verschiedene Dateiformate. Nikon verwendet NEF, Canon CR2 und Sony ARW. Diese Dateiformate können von den üblichen Programmen nicht geöffnet werden. Dafür benötigst du speziell dafür entwickelte Fotoeditoren. Dafür gibt es kostenpflichtige Programme wie Adobe Lightroom* oder Luminar 3. Allerdings gibt es dafür auch kostenlose Programme. Einen gründlichen Vergleich einiger kostenpflichtiger und kostenlosen Raw-Convertern findest du hier.
Herkömmliche Dateiformate
Die Verwendung von herkömmliche Dateiformate wie JPEG oder gegebenenfalls auch TIFF kann ich nicht empfehlen. Zwar brauchen diese wesentlich weniger Speicherplatz, die verlustbehaftete Speicherung und die eingeschränkte Bearbeitungsmöglichkeiten sind aber die geringere Dateigrösse nicht wert.
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2.5 Weissabgleich
Sofern man die Fotos im RAW-Format abspeichert, muss man sich nicht um den Weissabgleich kümmern. Er kann also immer auf Automatisch belassen werden. Falls die Kamera den falschen Weissabgleich wählt, kann dieser am Computer immer noch korrigiert werden.
3. Interessante Bildkomposition
Perspektive
Damit Fotos von Vögeln möglichst natürlich erscheinen, solltest du darauf achten, die Vögel von ihrer Augenhöhe aus zu fotografieren. Das hat nebenbei den Effekt, dass der Vordergrund und der Hintergrund unschärfer werden. Dies wiederum stellt den Vogel noch mehr in den Mittelpunkt. Über die Perspektive habe ich bereits einen Artikel geschrieben. Dort geht es um den Einfluss der Perspektive auf Fotos von Wasservögeln.
Goldener-Schnitt-Regel
Es gibt verschiedene Ansätze, um eine spannende Bildkomposition zu kreieren. Der wohl bekannteste ist der des goldenen Schnitts. Dabei wird das Foto entlang der kurzen und der langen Kante in drei Teile unterteilt. Ein Beispiel: Das Objekt des Interesses, hier einen Haubentaucher, positioniere ich an einen der Schnittpunkte. In diesem Fall oben rechts. Dabei lasse ich dem Wasservogelgenügend Platz um ins Bild ‘hinein zu schwimmen’. Würde ich dem Haubentaucher am linken Bildrand positionieren, würde er aus dem Bild herausschwimmen. In seltenen Fällen kann diese Komposition ebenfalls funktionieren. In den meisten Fällen lasse ich aber mehr Platz in die Richtung, in welche der Vogel blickt oder sich bewegt.
Porträt
Ähnlich wie bei der üblichen Porträtfotografie kann man auch Vögel porträtieren. Allerdings fällt es wesentlich schwerer, überhaupt in die Nähe des Vogels zu kommen, um diesen formatfüllend abzubilden, geschweige denn nur den Kopf abzulichten. Gelingt dies, können sehr eindrucksvolle und faszinierende Bilder entstehen. Um aber überhaupt so nahe an einen Vogel heran zu kommen, braucht es das richtige Individuum, viel Geduld und Glück. In seltenen Fällen benötigt man nicht einmal mehr ein Objektiv mit einer langen Brennweite.
Kleiner Vogel in der Landschaft
Porträts sind zwar immer sehr eindrucksvoll, doch auch Vögel, die nicht das ganze Bild füllen, können interessant sein. Diese Fotos sind oft noch viel schwieriger zu realisieren als ein Porträt. Bilder, in denen der Vogel nur klein dargestellt ist, leben von interessanten Hintergründen, schönen Lichtverhältnissen oder speziellen Wettersituationen wie Sturm oder Nebel. Damit ein solches Bild funktioniert, müssen viele dieser Faktoren zusammenkommen. Stimmen das Licht und der Hintergrund, können die Bilder mit viel Landschaft eine starke Stimmung erzeugen. Auch sind diese Bilder viel geeigneter als Porträts, um sie auszudrucken und aufzuhängen.
4. So bekommst du einen schönen unscharfen Hintergrund
In den meisten Fällen gilt: Der Hintergrund sollte nicht vom eigentlichen Sujet, dem Vogel, ablenken. Um das zu erreichen, versuche ich den Hintergrund möglichst unscharf abzubilden. Je weniger Strukturen es im Hintergrund hat, desto mehr wird der Blick des Betrachters auf den Vogel geleitet. Weil der Fokus bei einem verschwommenen Hintergrund voll und ganz auf dem Vogel liegt, wirkt dieser etwas grösser. Um einen unscharfen Hintergrund zu erhalten, gibt es einige Methoden, die du anwenden kannst.
- Je näher du an den Vogel herankommst, desto stärker wird das Bokeh und damit die Unschärfe im Hintergrund.
- Schaffe Distanz zwischen dem Vogel und dem Hintergrund. Oftmals genügen einige Schritte, um nicht einen nahen Busch im Hintergrund zu haben, sondern einen weit entfernten Baum.
- Öffne die Blende, um die Tiefenschärfe zu verringern.
5. Das Licht ist entscheidend
Goldenes Licht
Steht die Sonne sehr tief am Himmel, wird die Landschaft in einem goldenen Ton angeleuchtet. Besonders eher unscheinbar gefärbte Vögel profitieren sehr stark vom goldenen Licht. Neben den wunderschönen Farbtönen im goldenen Licht wird das auch Licht weicher. Die Unterschiede zwischen Licht und Schatten sind dabei weniger ausgeprägt und fallen nicht mehr so stark auf.
Bewölkt
An einem bewölkten Tag steht zwar etwas weniger Licht zur Verfügung, die 2-3 Blendenstopps an Licht werden aber durch das weiche Licht wettgemacht. Die Wolken wirken wie eine grosse Softbox und löschen jegliche Schatten aus. An einem wolkenlosen Tag ist das Licht schon wenige Stunden nach Sonnenaufgang zu hart, an einem bewölkten Tag bleibt es den ganzen Tag gut. Zudem kann auch in alle Richtungen fotografiert werden, Gegenlicht gibt es keines.
Gegenlicht
Gegenlicht kann aber auch genutzt werden. Steht die Sonne tief am Horizont, leuchten die Konturen des Vogels und der Umgebung im Gegenlicht auf. Die aufleuchtenden Konturen können einem Foto eine sehr spezielle Stimmung verleihen.
Im Gegenlicht lässt sich auch die Silhouette eines Vogels ablichten. Wenn die Sonne von einem leichten Nebelschleier verdeckt wird, lässt sich der Vogel auch vor der Sonne fotografieren. Fehlt dieser Nebelschleier, ist die Sonne aber meist zu hell und brennt selbst bei einer schnellen Verschlusszeit aus. Auch solltest du dazu nie den optischen Sucher verwenden. Mit einem starken Teleobjektiv kann das nämlich sehr gefährlich für die Augen sein!
6. Wo kann man Vögel fotografieren
Ob im Naturschutzgebiet, im Wald oder mitten in der Stadt: Überall sind spannende Vögel zu finden. In der Stadt sind die Vögel an die Nähe des Menschen gewöhnt. Einige Arten sehen uns sogar als indirekte Nahrungsquelle. Statt Scheu zeigen diese Vögel Interesse und sie hoffen auf Futter. Besonders bei Wasservögeln solltest du das Füttern aber sein lassen. Bei Singvögeln ist das Ganze weniger problematisch. Aber auch ohne zu füttern, kommt man sehr nahe an die Vögel heran und kann diese aus nächster Nähe fotografieren. Grundsätzlich kann ich dir empfehlen, mit eher zutraulicheren Vögeln mit der Vogelfotografie anzufangen. Beherrschst du erst einmal deine Kamera und die Technik, kannst du dich auch an schwierigeren Vögeln versuchen.
7. Vögel fotografieren im Flug oder in Action
Vögel im Flug zu fotografieren ist eines der schwierigsten Dinge in der Vogelfotografie. Besonders bei kleinen Vögeln hat der Autofokus Probleme scharf zu stellen und es ist schwierig, sie überhaupt mit dem Sucher zu verfolgen. Denn viele Arten fliegen nicht nur gerade aus, sondern machen plötzlich unvorhersehbare Kurven oder fliegen wellenförmig. Um gute Fotos von fliegenden Vögeln zu schiessen, brauchst du viel Übung und ein wenig Glück. Auch eine gute Ausrüstung mit einem schnellen Autofokus kann von Vorteil sein.
Bei Vögeln im Flug und Vögel in Action kann ich folgende Einstellungen empfehlen:
Damit du die Action einfrierst, solltest du eine kurze Verschlusszeit wählen. Je nach Lichtverhältnissen wähle ich selbst Verschlusszeiten zwischen 1/1250 und 1/2000. Damit du mit dem maximalen Licht arbeiten kannst, solltest du die Blendenzahl möglichst klein halten. Die Blende wird dabei also immer grösser und lässt mehr Licht auf den Sensor. Die ISO sollte den Lichtverhältnissen entsprechend manuell oder per ISO-Automatik geregelt werden.
8. Mit Geduld zum Erfolg
Manchmal gibt es Tage, an denen du kein einziges Foto schiesst. Denn selbst mit all der Vorbereitung fehlt manchmal einfach das Glück. Doch irgendwann klappt es dann trotzdem. Meist nicht dann, wenn du es erwartest und oftmals nicht so wie du dir es vorgestellt hast. Für mich ist aber genau das der Reiz der Vogelfotografie. Käme ich jeden Tag mit dem Bild nach Hause, welches ich mir vorgestellt habe, hätte ich nach einem halben Jahr keine Sujets mehr. So habe ich immer noch etwas, was ich verbessern möchte: das Licht noch ein bisschen schöner, der Nebel noch etwas präsenter oder der Vogel noch ein wenig näher. Irgendetwas gibt es immer, was mir noch nicht zu 100% gefällt.
9. Vorwissen ist die halbe Miete
Statt einfach rauszugehen und alles fotografieren, was einem vor die Linse fliegt, empfehle ich dir, dich auf wenige Arten oder Artgruppen zu konzentrieren. Mit der Zeit lernst du gewisse Verhaltensmuster kennen und kannst dieses Wissen beim Fotografieren ausnutzen.
Bevor ich jeweils eine Vogelart fotografieren gehe, versuche ich mir möglichst viel Vorwissen über die Art anzueignen. Dadurch kann ich herausfinden, zu welcher Zeit ich sie fotografieren kann, wo ich sie finde und wie sie sich verhält.
Nachdem ich die Vogelart mehrere Male fotografiert habe, weiss ich allmählich, wie ich mich mit der Vogelart verhalten muss. Auch kann ich mit der Zeit verschiedene Verhaltensweisen erkennen, diese voraussehen oder interpretieren. All das hilft mir die Vogelart zu fotografieren.
Informiere dich also zuerst über die Art! Auf verschiedenen Internetplattformen findest du aktuelle Meldungen von Vögeln aus deiner Umgebung und der ganzen Welt. eBird ist eine internationale Plattform und hat den Vorteil, dass es praktisch allen Kontinenten abdeckt. Ornitho ist dagegen auf Europa beschränkt. Doch dafür sind Meldungen auf Ornitho wesentlich häufiger und auch genauer.
Hast du nun einen Ort gefunden an dem deine Zielart beobachtet worden ist, solltest du dich weiter über die Art informieren. Lebt der Vogel in Trupps? Von was ernährt er sich? Ist der Vogel besonders scheu? Um dies herauszufinden, kann ich dir z.B. die Webseite der Vogelwarte Sempach empfehlen. Dort findest du unzählige Informationen zu allen einheimischen Vogelarten der Schweiz.
Auch solltest du dich über das Gebiet informieren. Handelt es sich um ein Naturschutzgebiet? Gilt es gewisse Regeln einzuhalten? Diese solltest du auf jeden Fall beachten und befolgen.
10. Bildbearbeitung
Indem du deine Bilder am PC bearbeitest kannst du noch mehr aus deinen Bildern herausholen. Auch kannst du kleine Fehler in der Belichtung korrigieren. Deine Kamera weiss nämlich nicht, was du gerade fotografierst und es kann passieren, dass sie z.B. die Farbtemperatur falsch einschätzt.
Wenn du im RAW-Format fotografierst, kannst du dies noch ändern. Wie ich meine Bilder bearbeite, erkläre ich dir im Artikel "Vogelfotos bearbeiten".
11. Die Natur hat Vorrang
Die Natur muss immer Vorrang haben. Auch wenn das Foto noch so gut herausgekommen ist, wird dabei die Natur stark beeinträchtigt oder ein Vogel gar in eine lebensbedrohliche Situation gebracht, verliert es jeglichen Wert! Zur Brutzeit und im Winter sind Vögel besonders störungsanfällig. Störungen können dazu führen, dass ein Vogel sein Gelege aufgibt. Im Winter ist die Nahrung knapp und Vögel müssen sparsam mit ihrem Energiehaushalt umgehen. Aufgeschreckte Vögel verbrennen unnötige Kalorien, welche ihnen dann fehlen.
Die Naturfotografie dient dazu, die Schönheit der Natur anderen Leuten zugänglich zu machen. Was hat sie für einen Sinn, wenn dabei die Natur kaputt gemacht wird? Klar kann eine Beeinträchtigung der Vögel nicht immer ganz vermieden werden. Jeder Naturfotograf ist aber dazu verpflichtet, möglichst respektvoll mit der Natur umzugehen und die Intaktheit der Natur dem guten Foto vorzuziehen.
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